geb. 31.05.1870 in Oberdorf (Neresheim), gest. 16.11.1940 in Gurs

Weitere Angehörige:

Enkel:
Baer, Hans
Roos, Gretel, geb. Baer

Beruf:

Arzt

Adressen:

Ooser Bahnhofstraße 13 (von Oberdorf kommend, 1909-1939)
Lange Straße 97 (1939-1940)

Weiteres Schicksal:

22. Oktober 1940 Deportation nach Gurs, dort am 16. November 1940 verstorben

Bild(er):

Salomon Baer wurde am 31. Mai 1870 in Oberdorf am Ipf, Kreis Neresheim, im östlichen Württemberg geboren. Er studierte in München Medizin und zog als praktischer Arzt 1909 nach Oos, wo er eine Praxis in der Luisenstraße 19 eröffnete. 1912 erwarb er ein Haus mit Garten in der Ooser Bahnhofstraße 13; Ab ca. 1932 kamen die Patienten zu ihm nach Hause in die Bahnhofstraße.

1897 heiratete Baer in Augsburg Klara Guggenheimer, die am 28. Oktober 1877 in Augsburg geborene Tochter des Güterhändlers Ulrich Guggenheimer und seiner Frau Fanny, geborene Einstein. Sie starb bereits 1927 in Baden-Oos.

Drei Kinder dieser Ehe wurden in Oberdorf geboren: Hermann (* 4. April 1897), Wilhelmine (genannt Helma) Dorothea (* 16. September 1899; verheiratet mit Jacob Friedrich Roos) und Bernhard, genannt Rudolf (* 29. Juli 1904; † 18. Juli 1995 in East Norwich, New York, USA) . Hermann und Rudolf waren schon vor 1933 nach London bzw. New York ausgewandert.

1936 nahm Dr. Baer seine Tochter und ihren Mann Jakob Roos mit den Kindern Hans (* 4. Juli 1921) und Gretel (1. Dez. 1924) im eigenen Haus auf. Die NS-Verwaltung hatte zuvor das Papier- und Kartonagen-Unternehmen Dreyfuss & Roos in Muggensturm "arisiert". Damit hatte Jakob seine Arbeitsstelle als Betriebsleiter verloren. Die beiden Kinder konnten in einem der Kindertransporte am 1. Februar 1939 und die Eltern am 28. Februar desselben Jahres nach England, ausreisen.

Um selbst ausreisen zu können, war Dr. Baer gezwungen, sein Haus zu verkaufen. Die evangelische Kirchengemeinde Baden-Baden suchte gerade ein Pfarrhaus für Baden-Oos.

Der Kirchengemeinderat traf sich dazu am 12. Januar 1939 unter Vorsitz von Pfarrer Brandl (in Vertretung für Pfarrer Gußmann), Protokoll führte Vikar Hartlieb. Unter der Bedingung, dass das Haus nicht mehr als RM 22.000,00 kosten dürfe, stimmte der Kirchengemeinderat dem Kauf zu. Vikar Hartlieb hatte darauf hingewiesen, dass der Kauf die Möglichkeit böte, zu einem Saal für die Gemeindearbeit (Bibelstunde, Frauen- und Mütterarbeit) zu kommen .
Der Kaufvertrag zwischen Dr. Baer und Angehörigen mit der Evangelischen Kirchengemeinde wurde am 28. Januar 1939 unterzeichnet, aber erst sieben Monate später, am 21. August 1939, durch das Oberfinanzpräsidium Baden-Baden genehmigt. Das Grundbuchamt erhielt die Dokumente am 5. September, wie aus dem Eingangsstempel hervorgeht. Dann musste noch die Zahlung abgewickelt werden.

Für Dr. Baer war diese Verzögerung tragisch. Der zweite Weltkrieg hatte am 1. September 1939 begonnen. Obwohl er bereits am 15. Mai 1939 das Haus verlassen hatte und in die Langestraße 97 umgezogen war, und obwohl er seit Juli 1938 einen gültigen Reisepass besaß, konnte er jetzt seiner Familie nicht mehr nach England folgen. Er wurde mit über hundert anderen jüdischen Einwohnern aus Baden-Baden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Dort starb er fast vier Wochen später, am 16. November 1940, im Alter von 70 Jahren.

1949 klagten die Tochter Helma sowie die Söhne Hermann und Rudolf auf Rückerstattung des Wohnhauses in Oos durch die evangelische Kirchengemeinde. Das Restitutionsverfahren beim Landgericht Baden-Baden endete mit einem Vergleich, der eine Aufzahlung auf den damaligen Kaufpreis ergab.

Quellen/Literatur:

StABAD A23/45; StABAD A5/Meldekarte; StAF F165/1 Nr. 163; Gedenkbuch Bundesarchiv; Evangelisches Verwaltungs- und Serviceamt (VSA) Baden-Baden/Rastatt: Protokoll Kirchengemeinderatssitzung 1939; GBZA Kornwestheim GA Band O 76 Blatt 36 /21ff, GA Band O 76 Blatt 36 /13ff;

Hier wohnte
DR. SALOMON BAER
JG.1870
DEPORTIERT 1940
GURS
TOT 16.11.1940


Stolperstein Ooser Bahnhofstraße 13, verlegt am 18. Oktober 2021