geb. 22.06.1865 in Wroclaw (Breslau, Polen), gest. 21.07.1940 in Baden-Baden
Gallinek, Amalie, geb. Grosser
Gallinek, Joseph
Geschwister:
Clara Gallinek
Margarethe Gallinek
Marie Gallinek
Alfred Gallinek
Schützenstraße 7 (aus Breslau kommend, 1935 bis 1936)[Scheibenstraße 18 (1936 bis 1940)
Dr. Ernst Gallinek wurde am 22. Juni 1865 in Breslau geboren, er starb unverheiratet und kinderlos am 21. Juli 1940 in Baden-Baden. Aus vermögendem schlesischem Elternhaus stammend, studierte er Geologie an den Universitäten in Breslau und Erlangen, wo er promoviert wurde. Als Privatier widmete er sich spätestens seit den 1910er Jahren dem Sammeln von Porzellanen des 18. Jahrhunderts zumeist deutscher Manufakturen.
Wohl aufgrund der zunehmenden Repressalien gegen Bürger jüdischen Glaubens zog er von Breslau nach Baden-Baden und nahm in der Scheibenstr. 18 seinen Wohnsitz. Am 18. Mai 1939 verfasste er sein Testament, in dem er als Haupterben seinen Neffen Hans Gabriel, den Sohn seiner Schwester Clara, die Schwester selbst und schließlich seine Angestellten in Baden-Baden bedachte. Eine Änderung ergab ein Nachtrag vom 15. Juli 1939: Da der Neffe nach New York City emigriert war, sollte die Schwester in Breslau erben, im Falle ihres Todes die jüdische Gemeinde Baden-Baden. Nach Gallineks Tod wurde seine Kunstsammlung jedoch, entgegen des Testaments, 1941 unrechtmäßig in staatlichen Besitz genommen und verblieb zum Schutz vor Kriegseinwirkung im Neuen Schloss in Baden-Baden. Im November 1952 wurde die Sammlung mit über 450 Keramiken dem Badischen Landesmuseum zur sogenannten treuhänderischen Verwaltung übergeben.
Anfang 2008 wurde die "Sammlung Gallinek" vom Badischen Landesmuseum als NS-Raubgut identifiziert und in die Datenbank des Bundes "LostArt" eingestellt, worauf sich verschiedene mutmaßlich erbberechtigte Antragsteller meldeten. Die Klärung der Erbenfrage wurde durch das Oberlandesgericht Karlsruhe am 30. September 2019 beschieden und die Restitution der Sammlung an die rechtmäßigen Erben nach Ernst Gallinek im August 2020 abgeschlossen. Am 15. Juni 2021 konnte die Sammlung Gallinek von der Erbengemeinschaft nun rechtmäßig für das Badische Landesmuseum erworben werden.
Seit den 1950er Jahren war das Wissen um die schiere Existenz Ernst Gallineks verloren gegangen. Erst die Aufdeckung des unrechtmäßigen Entzugs seiner Kunstsammlung und die darauffolgenden Recherchen brachten Licht in einen Lebensweg, der an der Ostgrenze Schlesiens des einstigen deutschen Reichs begann und im Südwesten Nazideutschlands endete.
Dr. Katharina Siefert, Badisches Landesmuseum, Karlsruhe
StABAD A23/13; StABAD A23/33; StABAD A5/Meldekarte; HSTAS EA 3/201 Büschel 132; Abschrift des Testaments, S. 6-7.
Dresch, Jutta / Franzke, Irmela: Provenienzrecherche zur "Sammlung Gallinek" im Badischen Landesmuseum Karlsruhe, in: Die Verantwortung dauert an. Beiträge deutscher Institutionen zum Umgang mit NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut, Magdeburg 2010, S. 183-204 (Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle Magdeburg, Bd. 8.
https://www.swr.de/swr2/kunst-und-ausstellung/endlich-entschieden-porzellansammlung-aus-juedischem-besitz-wird-vom-land-baden-wuerttemberg-restituiert-100.html (Zugriff 05.10.2020)
http://www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Sammler/G/Gallinek,%20Dr.%20Ernst.html (Zugriff 05.10.2020)