geb. 25.08.1880 in Baden-Baden, gest. 03.11.1944 in Mauthausen
Groß, Anna, geb. Müller
Groß, Hermann
Fischer, Anna, geb. Groß
Schlosser
Weinbergstraße 41 (1880-1944)
1944 Inhaftierung im KZ Mauthausen, dort am 3. November 1944 verstorben
Fritz Groß starb am 3. November 1944 im KZ Mauthausen (Österreich). Der gelernte Schlosser war ehemaliger sozialdemokratischer Gewerkschaftssekretär und Erster Vorsitzender des Deutschen Metallarbeiterverbandes in Baden-Baden. In dieser Eigenschaft kritisierte er die Einmischung des Ortsgruppenleiters Kurt Bürkle, Stadtrat und selbst Schlossermeister, in die Beschaffung und Montage einer Futterschneidemaschine für den Lichtentaler Stierstall, was in einer Beleidigungsklage Bürkles gegen ihn vor dem Amtsgericht Baden-Baden mündete.
Nach der Auflösung der Gewerkschaften war Groß bis in den Juli 1935 arbeitslos. Danach fand er bis zu seiner Verhaftung 1944 Beschäftigung als Schlosser im Stadtbauamt, Abteilung Kläranlagen. Allerdings misstrauisch überwacht vom dortigen Vorarbeiter, der in ihm einen Konkurrenten sah und nur auf die Gelegenheit lauerte, den "großen Fritz", wie er in Anlehnung an seine ehemaligen Funktionen genannt wurde, aus der Abteilung zu entfernen.
Am 22. August 1944 wurde Fritz Groß von der Gestapo in Baden-Baden festgenommen. Seine Verhaftung stand im Zusammenhang mit dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944. Im Zuge der sogenannten "Aktion Gewitter" wurden nach dem Attentat reichsweit viele NS-Gegner verhaftet. Gemäß eines geheimen Fernschreibens mit einem Befehl Himmlers wurden alle früheren Reichs- und Landtagsabgeordneten der KPD und SPD in den frühen Morgenstunden des 22. August 1944 festgenommen. Gestapo-Chef Müller hatte Himmlers Liste der Festzunehmenden noch um die ehemaligen Reichstags- und Landtagsabgeordneten sowie Stadtverordneten der Zentrumspartei und die ehemaligen Partei- und Gewerkschaftssekretäre der SPD ergänzt, so dass auch Fritz Groß verhaftet wurde.
Nach Aufenthalten in Natzweiler-Struthof im Elsass und ab 6. September 1944 in Dachau wurde Fritz Groß am 16. September 1944 mit einem größeren Gefangenentransport nach Mauthausen verlegt. In diesem KZ erhielt er die Häftlingsnummer 98173 und wurde als "deutscher Schutzhäftling" kategorisiert, was bedeutete, dass er aus politischen Gründen inhaftiert war. In Mauthausen mussten viele Häftlinge im Steinbruch und im Stollenbau unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten. Da sie außerdem eine mangelhafte Ernährung erhielten, erkrankte eine große Zahl von Häftlingen und starb an deren Folgen.
Fritz Groß verstarb am 3. November 1944 im sog. Sanitätslager. Dabei handelte es sich um einen Lagerbereich außerhalb des eigentlichen Häftlingslagers, in dem kranke und schwache Häftlinge ohne zureichende medizinische Versorgung verwahrt und weitgehend sich selbst überlassen wurden.
Der ehemalige KZ-Häftling Heinrich Focken aus Gaggenau-Ottenau schilderte seinen achttägigen Aufenthalt im Krankenrevier so:
"Bilder grausigen Elends sind hier zu sehen. Erwachsene Menschen, abgemagert zu Skeletten, mit Knochen wie Kleinkinder, humpeln hier herum, oder werden, von zwei anderen gestützt, getragen. Gräßliche Wunden sind hier zu sehen. Faule Fleischstücke werden von den gerade Anwesenden, ohne Betäubungsmittel, die es nicht mehr gab, aus dem Körper geschnitten. Wimmern und Schreie der Opfer. In den einzelnen Stuben der Baracke stehen Bett an Bett - zirka 80 cm breit - hier übereinander. Sie sind belegt mit drei Mann. Auf der Erde, in den Gängen, auf Strohsäcken liegen außerdem die Kranken."
Als offizielle Todesursache des Fritz Groß wurde im Totenbuch des Standortarztes "Thrombophlebitis des linken Unterschenkels, Sepsis" angegeben. Zwischen 1938 und 1945 waren mehr als 200 000 Personen aus ganz Europa in Mauthausen inhaftiert, etwa die Hälfte wurde dort ermordet.
Nach dem Ende des NS-Regimes stellte der damalige Oberbürgermeister Schlapper im Rahmen der Entnazifizierung am 10. Dezember 1949 die folgende Bescheinigung für den früheren Nazi-Bürgermeister Bürkle aus:
"Aus den Akten des Stadtarchivs Baden-Baden geht hervor, dass auf persönliche Anweisung des ehemaligen Bürgermeisters Bürkle der Tochter des Verstorbenen, Frau Anna Fischer, geb. Groß, Baden-Baden, Schußbachgasse, der volle Lohn für Groß für die Zeit von seiner Verhaftung bis zum Sterbetag in Höhe von 520.- RM nachgezahlt wurde."
Das Vermächtnis von Fritz Groß mahnt uns, den Anfängen zu widerstehen, mit denen ein neuer Totalitarismus entstehen könnte.
Fotos: Privatbesitz
StABAD A5/Meldekarte; StABAD A10/434; StABAD A10/396; StAF F 196/2 Nr. 1087
Metzinger, Adalbert: Menschen im Widerstand. Mittelbaden 1933-1945, Ubstadt-Weiher 2017, S. 35, 42 f.
Hier wohnte
FRIEDRICH GROß
JG. 1880
IM WIDERSTAND/SPD,
VERHAFTET 1944 AKTION "GITTER", DACHAU,
ERMORDET 3.11.1944 MAUTHAUSEN
Stolperstein Weinbergstraße 41, verlegt am 09.09.2015