geb. 18. August 1905 in Pforzheim
Ihle, Ernst Alfred
Geschwister:
Fleischer, Willy
Motyckova, Olga, geb. Fleischer
Fotografin
Weinbergstraße 7 (von Bühl kommend, 1922-1927, nach Stuttgart, von Stuttgart kommend, 1928-1931)
Fremersbergstraße 53 (1931-1953, nach Frankfurt)
Else Ihle war mit dem Kaufmann und Journalisten Ernst Alfred Ihle verheiratet. Dieser war vor 1933 Schriftleiter (Chef vom Dienst) des Neuen Badener Tagblatts und Mitglied des Ehrengerichts der Badischen Presse, von 1930-1936 Reporter der Associated Press New York.
Ernst Alfred Ihle weigerte sich beharrlich und standhaft, sich von seiner jüdischen Frau scheiden zu lassen. Zum 1. Juni 1933 wurde er daher vom Koelblin-Verlag vorsorglich entlassen, wobei es dem Verlag nach langwierigen Verhandlungen jedoch gelang, eine Weiterbeschäftigung Ihles auf einem nichtpolitischen Posten und zu reduzierten Bezügen im Zeitungsverlag zu erreichen.
1936 fusionierte das Badische Tagblatt mit der nationalistischen „Morgenzeitung“ in Baden-Baden. Werner Hambruch übernahm die Verlagsleitung, da der bisherige Verleger Ernst Koelblin wegen früherer Zugehörigkeit zu den Freimaurern dafür nicht mehr in Frage kam. Neuer Hauptschriftleiter wurde K. X. Ziegler. Ihle wurde zu einem der drei Schriftleiter bestimmt. Zum 1. Juni 1939 wurde er aufgrund der bestehenden nichtarischen Ehe aus der Liste der Schriftleiter gestrichen und aus der Reichspressekammer ausgeschlossen. Gleichzeitig wurde Ihle zur Wehrmacht eingezogen, im August 1940 allerdings aus dem Heer entlassen. Dennoch beschäftigte ihn der Verlag als technischen Mitarbeiter weiter. Am 27. Oktober 1940 wurde Ihle vom Landesverband Baden-Westmark des Reichsverbandes der deutschen Presse vom Beruf ausgeschlossen und dem Verlagshaus jede weitere Beschäftigung Ihles untersagt.
Nach Monaten der Arbeitslosigkeit fand Ihle – sicher auch dank seines kommunalen Netzwerks – vom 1. Juni 1944 bis 1. Februar 1945 Beschäftigung beim Argus-Konzern in Baden-Baden, dessen Prokurist und stellvertretendes Vorstandsmitglied August Kober auch die Störversuche der Partei – u. a. Wegnahme des privaten Telefonanschlusses und Einberufungen zum Volkssturm – parieren konnte.
Im Februar 1945 spitzte sich die Situation für die Familie Ihle dramatisch zu. Ihle erhielt Kenntnis vom letzten Deportationstransport in das KZ Theresienstadt, für den auch seine Frau Elsa auf der Transportliste stand. Mit dem Dienstwagen der Argus-AG floh er mit Frau und Kind nach Mitteldeutschland, brachte sie in Neudorf, einer kleinen Gemeinde mit 300 Einwohnern bei Bad Kissingen, in Sicherheit und kehrte noch am selben Tag nach Baden-Baden zurück. Nach dem Aufenthalt seiner Frau befragt, verweigerte er jede Auskunft. Als man ihm mit Internierung drohte, nutzte er die erste Gelegenheit, um aus der Stadt zu entkommen. Als er spätnachts wieder in Baden-Baden eintraf, lag der Befehl zur Deportation schon in seinem Briefkasten. Umgehend kehrte er nach Neudorf zurück, um seine Familie in Lichtenfels bei Coburg, der Auslagerungsstelle der Argus AG, in Sicherheit zu bringen. Danach fuhr er wieder nach Baden-Baden, wo er von einem möglichen Standgerichtsverfahren gegen sich erfuhr. Grund genug, erneut die Flucht nach Mitteldeutschland anzutreten, von wo er erst nach dem Einmarsch der Franzosen wieder nach Baden-Baden zurückkehrte.
Ernst Alfred Ihle erhielt vom Stadtkommandanten Colonel Moutenet als erster Bürger der Stadt sechs Wochen nach der Besetzung eine Reisegenehmigung über die Zonengrenze hinaus.
Am 5. Mai 1945 wurde er zum Leiter des Wirtschaftsamtes der Stadt Baden-Baden berufen. Im August erhielt er von der französischen Besatzungsmacht den Auftrag, in Baden-Baden eine selbstständige Industrie- und Handelskammer zu gründen, deren erster Hauptgeschäftsführer er wurde.
Hemdsärmlig und häufig den Ordnungsrahmen und den Dienstweg ausdehnend, fand Ihle seine Rolle als gewiefter und ausgewiesener Macher in den komplexen Interzonen- und Kompensationsgeschäften im Baden-Baden der unmittelbaren Nachkriegszeit. Dass er dabei auch an sich selbst dachte und Reifen und Schreibmaschinen für den Eigengebrauch abzweigte, war fast offenes Geheimnis in der Stadt. Auf Betreiben von OB Schlapper wurde Ihle 1948 als Hauptgeschäftsführer beurlaubt und gegen ihn ein Ermittlungsverfahren angestrengt. Als die Anklage 1950 zurückgenommen wurde, hatte Ihle Baden-Baden schon längst verlassen. Seine neue Heimat und berufliches Betätigungsfeld wurde Frankfurt am Main, wo er erfolgreich als Verleger und Herausgeber der Zeitschrift „Frankfurt – Lebendige Stadt. Vierteljahrshefte für Kultur, Wirtschaft und Verkehr“ fungierte, und sich kommunalpolitisch als CDU-Stadtverordneter einbrachte. 1966 erhielt er die Ehrenplakette der Stadt Frankfurt. Ihle starb am 26. April 1967.
StABAD A23/45; StABAD A5/Meldekarte; StAF F 196/2 Nr. 1102