geb. 15.10.1903 in Baden-Baden (Haueneberstein), gest. 07.11.1943 in Ludwigsburg

Ehepartner:

Kanitzer, Bertha, geb. Ramsteiner

Eltern:

Kanitzer, Katharina, geb. Stemmle
Kanitzer, Otto (Steinhauer)

Beruf:

Hilfsarbeiter

Adressen:

Eberbachstraße (früher: Haueneberstein Nr. 13, nach Ludwigsburg)

Alfons Kanitzer wurde am 15. Oktober 1903 als Sohn des Steinhauers Otto Kanitzer und dessen Frau Katharina Kanitzer, geb. Stemmle, in Haueneberstein geboren. Ein nachweislicher Wohnort war die damalige Adresse Haueneberstein Nr. 13 in der heutigen Eberbachstraße.

Am 21. Januar 1930 verheiratete sich Alfons Kanitzer mit Bertha Ramsteiner aus Gernsbach.
Aus Briefen, die er an den damaligen populären Schriftsteller Waldemar Bonsels (1880-1952) schrieb, geht hervor, dass Alfons Kanitzer ab 1929 für mehrere Jahre arbeitslos war und er mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern in ärmlichen Verhältnissen lebte:

"In großer Güte und Menschenfreundlichkeit sandten Sie mir vor Jahren Ihr Werk Menschenwege. Dieses Buch war in den langen Jahren der Arbeitslosigkeit mein bester Freund. Noch immer, hoher Herr, bin ich ohne Arbeit, nun schon 6 Jahre als Mensch von 30 Jahren mit Frau und 2 Kindern. Welche Not, welches Leid und welche Refiguration stecken in diesen 6 Jahren müßigen Dahinvegetierens." (Brief an Waldemar Bonsels, 28. Februar 1935)

Von diesem bemerkenswerten Briefwechsel sind bedauerlicherweise nur die Briefe von Kanitzer an Bonsels erhalten. Die Antworten des Schriftstellers fehlen zwar, jedoch implizieren die überlieferten Briefe, dass Bonsels wohl auch regelmäßig mit der Übersendung eines seiner von Alfons Kanitzer gewünschten Werke geantwortet haben muss. Auch Alfons Kanitzers Kritik am aufgekommenden System des Nationalsozialismus ist seinen Schreiben an den damals offen antisemitischen Bonsels zu entnehmen:

"Ich pfeife auf eine solche Afterkultur, die nicht mal in der Lage ist, die geistigen Bedürfnisse des Menschen zu stillen, von den materiellen schweigt man, man kann nur lachen wenn man gewisse Phrasen hört und liest. Hier stehe ich, ein Mann von 30 Jahren, schon 6 Jahre ohne Arbeit und mit mir sind es Tausende. Bestreitet es wenn ihr könnt. Und andererseits schmeißt ihr Riesensummen hinaus für Stratosphärenflüge, Luftschiffbau, Himalayexpeditionen und sonstigen Bluff.
Und nichts ist alles, wenn damit nicht den armen Teufeln geholfen wird.
Kommunist, ja! Sind wir als Revolutionär geboren worden oder hat nicht vielmehr eine grausam-egoistische herrschsüchtige, in wahnsinnigem Luxus lebende Gesellschaftsklasse uns dazu gemacht. Deutsche Proleten hungern und deutsche kommen auf die Spielbank nach dem nahegelegenen Baden-Baden und verspielen an einem Abend Tausende von Mark. Sind das Menschen oder was sind denn das? Man hat mich schon 3 mal verhaftet wegen revolutionärer Gesinnung. Ich bin stolz darauf, ich rühme mich dessen!"
(Brief an Waldemar Bonsels, 28. Februar 1935)

Vor 1933 war Alfons Kanitzer Mitglied der KPD und hielt auch nachdem Verbot der Partei Kontakt zu den alten Weggefährten. In einem 1937 verfassten Brief ist seine persönliche Verzweiflung über die politische Lage regelrecht greifbar:
"Und wenn man entgegenhält, die Welt muss rüsten gegen den Bolschewismus, so ist das ein Vorwand! Vor dem Krieg habt ihr ja auch gerüstet wie wahnsinnig, als der Bolschewismus in ein paar dutzend russischen Halbnarren bestand - so gut wie unbekannt war. Abgesehen davon, ihr "Kultureuropäer", wer hat die "bolschewistische Pest in die Welt gebracht?" (Brief an Waldemar Bonsels, 13. November 1937)

Alfons Kanitzer wurde im Februar 1942 verhaftet und auf den Hohenasperg bei Ludwigsburg verbracht.
Der Oberreichsanwalt in Berlin verurteilte Alfons Kanitzer am 5. April 1943 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 12 Jahren Zuchthaus. Am 26. Mai 1943 wurde er in das Gefängnis in Ludwigsburg eingeliefert, seine dortige Gefangenen-Nummer war Nr.129/43. Die Haftdauer betrug 12 Jahre Zuchthaus abzüglich 392 Tagen Untersuchungshaft.

Jedoch starb Alfons Kanitzer bereits am 7. November 1943 im Kreiskrankenhaus Ludwigsburg an den Folgen einer Blinddarmoperation. Er wurde in Ludwigsburg beerdigt.

Quellen/Literatur:

StAF F 196/1 Nr. 10970; Geburtenregister Haueneberstein 32/1903; Heiratsregister Baden-Baden 5/1930; Sterberegister Ludwigsburg 634/1943; Landesarchiv Baden-Württemberg Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg: E 356 d II Bd 28 Hauptbuch über Zuchthausgefangene; E 356 d I Bü 167 Totenbuch; Adressbuch Haueneberstein (Privatbesitz, Recherche C. Schäfer);
Digitalisat eines Briefs von Alfons Kanitzer an Waldemar Bonsels (Schriftsteller) bei der Monacensia: https://www.monacensia-digital.de/bonsels/nav/classification/391563
Hochstuhl, Kurt, Senft, Erwin: Haueneberstein. Aus der Geschichte des Dorfes am Eberbach, Haueneberstein 1994, S. 129.