geb. 04.07.1876 in Gaggenau (Hörden), gest. 12.08.1942 in Auschwitz

Ehepartner:

Köhler, Theodor

Eltern:

Stern, Emma, geb. Nachmann
Stern, Isidor

Kinder:

Köhler, Ruth Irene (verh. Grebenau)

Weitere Angehörige:

Geschwister:
Weill, Eugenie, geb. Stern
Stern, Julius
Stern, Rosa
Stern, Marx

Beruf:

Hotelière

Adressen:

Rettigstraße 1 (von Hörden kommend, 1907-1920)
Sonnenplatz 1 (1920-1939)
Sophienstraße 22 (1939-1940)

Weiteres Schicksal:

Am 22. Oktober 1940 Deportation nach Gurs, am 12. August 1942 in Auschwitz ermordet

Bild(er):

Auguste Köhler, geb. Stern wurde am 4. Juli 1876 in Hörden geboren. Ihre Eltern waren der Gastwirt Isidor Stern und seine Frau Emma, geb. Nachmann. Zwischen ihrem sechsten und 14. Lebensjahr besuchte Auguste die Volksschule in Hörden. Danach war sie im elterlichen Betrieb, dem Gasthaus "Zum Adler", ebenfalls in Hörden, tätig.

Zu ihrem 30. Geburtstag bekam Auguste 1907 ein besonderes Geschenk von ihrem Vater: ein kleines Hotel in der Rettigstraße 1. Das Hotel "Tannhäuser" war eines der beiden koscheren Hotels in Baden-Baden. Daraufhin verlegte Auguste ihren Wohnsitz nach Baden-Baden. Am 5. Dezember 1912 heiratete sie den kaufmännischen Angestellten Theodor Köhler. Nach der Hochzeit unterstützte er sie im Hotelbetrieb.

Zwei Jahre später, am 4. Februar 1914, kam ihre gemeinsame Tochter Ruth zur Welt. Nur sechs Monate später wurde Theodor Soldat im Ersten Weltkrieg und kehrte erst 1918 aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück. Auguste führte in dieser Zeit das Hotel alleine. Nach seiner Rückkehr stieg er in den Betrieb ein und übernahm schon bald die Leitung. Am 10. Dezember 1918 erhielt die Familie die badische Staatsangehörigkeit.

1919 verlegte das Ehepaar das Hotel von der Rettigstraße an den Sonnenplatz 1 und richtete dort, in der Nähe der Synagoge, ein Haus mit 20 Gästezimmern ein.

Die Familie Köhler lebte ihren jüdischen Glauben aktiv. "Mein Elternhaus war sehr religiös-jüdisch, wir wussten immer, dass wir Juden waren und empfanden das als völlig natürlich", erinnerte sich die Tochter Ruth viele Jahre später. Mutter Auguste fuhr zum Besuch der Mikwe nach Karlsruhe, da es in Baden-Baden keine gab. Sie war auch Mitglied in der Frauenabteilung der Chewra Kadischa, einer ehrenamtlichen Vereinigung, die die Gemeindeangehörigen in Krankheits- und Todesfällen unterstützte.

Aufgrund der NS-Rassengesetzgebung musste die Tochter Ruth ihr Zahnmedizinstudium in Freiburg und Würzburg aufgeben. Daraufhin wanderte sie mit 21 Jahren 1935 nach Palästina aus. Im selben Jahr starb Augustes Schwager Luzian Weill. Ihre vier Jahre jüngere Schwester Eugenie zog daraufhin mit ihren Kindern zu ihr und half im Hotel.

Im Gegensatz zu Ruth nahmen Auguste und Theodor Köhler die heraufziehende Gefahr des Nationalsozialismus zunächst nicht wahr. Das Hotel beanspruchte all ihre Kräfte, und über einen Gästemangel konnten sie sich nicht beklagen. Die Köhlers konnten das Hotel ohne größere Einschränkungen bis zum Novemberpogrom fortführen. Am 24. Juli 1937 wurden sie jedoch gezwungen, das gesamte weibliche nichtjüdische Personal zu entlassen.

Im Oktober desselben Jahres besuchten die beiden ihre Tochter anlässlich deren Hochzeit in Palästina. Ruth versuchte ihre Eltern zum Bleiben zu überreden. Während ihres Aufenthalts ergaben sich sogar Angebote, ein Hotel in Haifa oder Safed zu eröffnen. Doch ihre Eltern waren nicht zur Emigration zu bewegen. Der Vater insistierte darauf, dass er "Frontkämpfer" im Ersten Weltkrieg und lange in Kriegsgefangenschaft gewesen war. Außerdem lief das Hotel in Baden-Baden gut und die Eltern hatten Angst davor, mit einem Hebräisch sprechenden Personal nicht umgehen zu können. Zudem hatten sie während einer Zugfahrt die arabisch-jüdischen Kämpfe hautnah miterlebt: "Ihre Angst vor den Arabern war größer als die Angst vor den Nazis", stellte Ruth schließlich fest und musste ihre Eltern wieder nach Deutschland ziehen lassen.

Bis zum Novemberpogrom 1938 konnten Auguste und Theodor Köhler den Betrieb des Hotels noch aufrechterhalten, waren dann jedoch zur Aufgabe des Hotel- und Restaurationsbetriebes und zum Verkauf des Hauses gezwungen. In Erwartung ihrer baldigen Auswanderung bezogen sie eine Wohnung im Haus Sophienstraße 22.

Am 10. November 1938, dem Tag, an dem in Baden-Baden die Synagoge brannte, bekam Ruth von ihrer Mutter ein Telegramm: "Schick' sofort eine Einreiseerlaubnis nach Palästina!" Trotz aller hektischer Bemühungen konnte sie ihren Eltern nicht mehr helfen.



Im Frühjahr 1939 versuchten Auguste und Theodor einen Reisepass zur Auswanderung in die USA zu beantragen - jedoch erfolglos. Mit über 100 anderen Baden-Badener Juden wurden Theodor, Auguste und ihre Schwester Eugenie im Oktober 1940 in das französische Internierungslager Gurs deportiert. Im August 1942 wurden Auguste und Theodor über Drancy nach Auschwitz transportiert und dort ermordet. Eugenie gelang die Ausreise in die USA zu ihrer Tochter.
Das Todesdatum von Auguste wurde auf den 12. August 1942 amtlich festgesetzt.

Quellen/Literatur:

StABAD A23/45; StABAD A23/37; StABAD A5/Meldekarte; StAF F 196/1 Nr. 11831; StadtA-Gaggenau Hö B45; HStAS 99/001; Gedenkbuch Bundesarchiv
http://www.bad-bad.de/gesch/hot_sonnenhof.htm (Zugriff: 29.10.2020)
Schindler, Angelika: Der verbrannte Traum. Jüdische Bürger und Gäste in Baden-Baden, Baden-Baden ²2013, S. 83 ff.

Hier wohnte
AUGUSTE KÖHLER GEB. STERN
JG. 1876
DEPORTIERT 1940 GURS
ERMORDET 1942
IN AUSCHWITZ

Stolperstein Sonnenplatz 1, verlegt am 04.11.2008