geb. 28.07.1880 in Frankfurt, gest. 23.03.1939 in Baden-Baden

Eltern:

Lust, Clara, geb. Levy
Lust, Martin

Kinder:

Lust, Walter
Lust, Hilde

Beruf:

Kinderarzt

Adressen:

Meisenkopfstraße 1 (von Karlsruhe kommend, 1938-1939)

Weiteres Schicksal:

Bemühungen um eine Ausreise verliefen ergebnislos; am 23. März 1939 Suizid, um seiner Frau nicht zur Last zu fallen.

Bild(er):

Abschiedsbrief:

"Baden-Baden, den 22.3.1939

Mein Lieb!

Es waren 30 glückliche Jahre, glücklich im Sinne unserer Verbundenheit, glücklich im Sinne, dass eins für das andere lebte.
Meine Kraft erlahmt. Ich sehe täglich mehr, wie wenig ich all dem gewachsen wäre, was uns draussen bevorstände. Du bist die Mutigere und Stärkere. Ich würde Dir keine Hilfe und keine Stütze mehr sein können. Allein wirst Du das Leben eher wieder meistern lernen.
Man kann nicht mehr an ihm hängen, wenn man es so erlebt hat wie ich; wenn man es als ausgefüllt nur empfand, wo es Arbeit, Pflicht und Sorge bedeutete und wo es möglich war, auch seine Schönheiten mitzufühlen.
Heute ist es tot geworden und ich sehe, dass es nicht mehr zu wecken ist. Was bin ich noch und was kann ich noch beginnen? Nur zur Last fallen kann ich noch, Dir, den Kindern und den Freunden, die helfen wollen. Ein Aufwärts kann's nicht mehr geben und den weiteren Abstieg will ich nicht sehenden Auges mitanschauen.
Hänge nicht nach, was war - und es war einmal schön - sieh wie so oft, wenn's um uns trübe wurde, irgendein kleines Stück blauen Himmels. Für Dich wird und muss es auch wieder einmal hell werden. Ich danke Dir für Deine Liebe. Wäre sie nicht gewesen, schon längst hätte ich diesen Schritt getan, sie war mir alles, mehr als Du ahntest, mehr als ich es merken liess. Der Gedanke an Dich ist in diesen 30 Jahren immer der gleich innige geblieben, er ist es auch in dieser letzten Stunde wie am ersten Tag. Grüsse mir meine lieben Kinder, die immer lieb und gut waren und Dir helfen mögen, auch dieses Schlimmste zu ertragen.
Grüsse meine gute, herzensgute Mutter. Ich weiss, was ich ihr antue, aber in wenigen Wochen hätte sie mich doch verloren und in dem Bewusstsein, dass es mir dann weniger wohl wäre, wie es mir hoffentlich bald sein wird.
Daran mögt Ihr alle denken; mir wird bald leichter sein!
Ich hinterlasse nichts Schriftliches, ausser einem kurzen Schreiben an den Staatsanwalt, in der Hoffnung, dass Dir die Ausreise dadurch nicht erschwert wird. Es ist alles in Ordnung und geregelt.
Lass mich verbrennen und mache Dir keine Sorge, wo die Asche beigesetzt wird. Wir hängen beide nicht an solchen Dingen.
Und nun, zum letzten Mal: Leb wohl! Ich liebe Dich, so lange ich noch atme.

Dein Franz"

Weitere Informationen zur Biographie finden Sie auf folgender externer Webseite:
http://gedenkbuch.informedia.de/gedenkbuch.php?PID=12&name=2610

Quellen/Literatur:

StABAD A23/33; StABAD A5/Meldekarte; StAF F 196/1 Nr. 5764; Gedenkbuch Bundesarchiv; Karlsruher Gedenkbuch
http://gedenkbuch.informedia.de/gedenkbuch.php/PID/12/name/2610/seite/3/suche/L.html (Zugriff: 28.05.2020)

Hier wohnte
DR. FRANZ LUST
JG. 1880
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD 23.3.1939



in Karlsruhe: Hier arbeitete Dr. Franz Lust
JG. 1880 gedemütigt/entrechtet
FLUCHT in den Tod 23.3.1939

Stolperstein Meisenkopfstraße 1, verlegt am 26.11.2014 bzw. in Karlsruhe