geb. 09.02.1888 in Berlin, gest. 12.02.1977 in Sao Paulo (Brasilien)

Ehepartner:

Mehlich, Mary, geb. Feldmann (geschieden ca. 1929)

Beruf:

Dirigent, Pianist, Komponist

Adressen:

Stephanienstraße 15 (von Berlin kommend, 1926-1927)
Fremersbergstraße 34 (1927)
Falkenstraße 4 (1927-1929)
Kapuzinerstraße 18 (1930)
Ludwig-Wilhelm-Straße 17 (1930-1933)
Schillerstraße 7 (1933)
Maximilianstraße 62 (1933)

Weiteres Schicksal:

Am 13. Dezember 1933 Emigration nach Sao Paulo (Brasilien)

Bild(er):

Nach dem Studium an der Berliner Hochschule für Musik (1904-1910) u.a. bei Robert Kahn, war Ernst Mehlich zunächst als Kapellmeister an verschiedenen Bühnen tätig. 1914-1918 nahm er am Ersten Weltkrieg teil. 1922 wurde er erster Kapellmeister an der Oper in Breslau.

Zum 1. Januar 1927 trat Mehlich in Baden-Baden die Nachfolge Paul Heins als Städtischer Musikdirektor an, wenig später verlieh ihm der Kurausschuss die Amtsbezeichnung "Generalmusikdirektor". 1927-1929 richtete Ernst Mehlich mit großem Erfolg die von Donaueschingen nach Baden-Baden verlegten Kammermusiktage aus. Gastspielreisen führten ihn u.a. nach Krakau, Warschau und Wien. Von Dezember 1929 bis April 1930 war Mehlich beurlaubt, um die musikalische Leitung der Deutschen Oper während ihrer Tournee durch die Vereinigten Staaten zu übernehmen. Hiervon erhoffte sich Baden-Baden einen Werbeeffekt für den Kurort.

Seine moderne musikalische Ausrichtung machte ihn schon bald zur Zielscheibe der NSDAP Baden-Baden. Seit Juli 1931 beantragte die örtliche NSDAP-Fraktion wiederholt, die Stelle des Generalmusikdirektors - vorgeblich aus Kostengründen - zu streichen, zunächst jedoch ohne Erfolg. Bei der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 wurden seine Kompositionen auf den Scheiterhaufen geworfen. Im Juni 1933 beschloss dann der Stadtrat auf Antrag der Nationalsozialisten, den Vertrag mit Mehlich zum 1. Oktober 1933 zu kündigen. Als Begründung dienten dessen jüdische Abstammung und die Weigerung des Rundfunks, Konzerte des städtischen Orchesters mit Mehlich als Dirigenten zu übertragen.

Die bevorstehende Ablösung Ernst Mehlichs erregte einige öffentliche Aufmerksamkeit: Kurgäste verfassten Protestbriefe und ließen Unterschriftslisten kursieren, um sich für ein Verbleiben des Generalmusikdirektors einzusetzen. Diese Bemühungen blieben allerdings folgenlos, abgesehen davon, dass die Initiatoren im Parteiorgan "Der Führer" verunglimpft wurden. Nachdem ein Antrag Mehlichs auf Weiterbeschäftigung auch vom Kultusministerium in Karlsruhe abschlägig beschieden worden war, emigrierte Ernst Mehlich im November 1933 nach Brasilien. Dort ließ er sich in São Paulo nieder, wo er ab 1934 unter anfänglich großen Schwierigkeiten seine Dirigententätigkeit fortführte. Er war wesentlich am Aufbau des dortigen städtischen Symphonieorchesters beteiligt und arbeitete als freier Dirigent und Übersetzer von Opern ins Portugiesische. 1939 erwarb er die brasilianische Staatsbürgerschaft. Gastspiele führten ihn nach Buenos Aires, Mar del Plata und Rio de Janeiro, seit 1951 auch wieder nach Deutschland.

Die eigenen Kompositionen umfassten Klavier- und Kammermusik, Lieder und Chöre. Daneben übersetzte Mehlich deutsche, französische und italienische Opern ins Portugiesische (z.B. Mozarts Hochzeit des Figaro und Wagners Meistersinger).

Quellen/Literatur:

StABAD A5/Meldekarte; StAF F 196/1 Nr. 7266
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernesto_Mehlich
http://www.bad-bad.de/gesch/mehlich.htm
Schindler, Angelika: Der verbrannte Traum. Jüdische Bürger und Gäste in Baden-Baden, Baden-Baden ²2013, S. 94 f.

Hier wohnte
ERNST MEHLICH
JG. 1888
GENERALMUSIKDIREKTOR
1933 BERUFSVERBOT
FLUCHT
BRASILIEN

Stolperstein Maximilianstraße 62, verlegt am 17. März 2023