geb. 02.02.1860 in Gdansk (Danzig, Polen), gest. 31.08.1942 in Theresienstadt

Weitere Angehörige:

Bruder:
Michaelis, Wilhelm

Beruf:

Lehrerin, Heimatdichterin

Adressen:

Luisenstraße 32 (von Danzig kommend, 1889-ca. 1905)
Schillerstraße 19 (ca. 1905-ca.1909)
Lange Straße 116 (ca. 1909-1912)
Leopoldstraße 18 (1912-1916)
Luisenstraße 28 (1916-1927)
Wilhelmstr. 6 (1927-1929)
Gernsbacher Straße 65 (1929-1932)
Maria-Viktoria-Straße 8 (1932-1934)
Ludwig-Wilhelm-Straße 6 (1934-1942)

Weiteres Schicksal:

Am 22. August 1942 Deportation nach Theresienstadt, dort am 31. August 1942 ermordet.

Bild(er):

"Kein fremder Stamm, der noch gen Zion schaut"
Die Heimatdichterin und glühende Patriotin, die höchste Anerkennung in "ihrer" Stadt genossen hatte, endete im KZ Theresienstadt

Die in Danzig geborene Dichterin Anna Michaelis kam 1889 nach Baden-Baden, zu einer Zeit, als der Anteil der jüdischen Bürger in dem aufstrebenden Kurort rasch anstieg. Im Kulturleben der Stadt spielte sie bald eine zentrale Rolle: Bei allen Jubiläen, Gedenktagen oder Einweihungen wandte man sich an sie mit einem Auftrag für ein Festspiel, Theaterstück oder Gedicht. Darüber hinaus führte sie eine Sprachen- und Handelsschule, in der junge Mädchen Fremdsprachen, aber auch Buchführung, Stenographie, Maschinen- und "Schönschreiben" lernen konnten.

Aktiv in der Frauenbewegung

Die alleinstehende, kinderlose Autorin engagierte sich in diversen Frauenvereinen der Stadt. In ihren Schriften setzte sie sich auch mit der Rolle der Frau und der Erziehung auseinander. In der Arbeit sah die quirlige, alleinstehende Autorin "das erste aller Menschenrechte".

"Deutsche Gottesfurcht hat ihn erbaut…."

…und eben "kein fremder Stamm, der noch gen Zion schaut". Das dichtete Anna Michaelis im August 1899 zur Einweihung des jüdischen Gotteshauses im Badener Tagblatt. Sie fühlte sich als Deutsche, die einer gleichberechtigten Religionsgemeinschaft angehörte und wollte dies auch ihren christlichen Lesern vor Augen führen. Ihr Gedicht spiegelt das Selbstverständnis der assimilierten jüdischen Gemeinde Baden-Badens, die ihren Platz in Deutschland sah und ganz bewusst dem Architekten den Auftrag gegeben hatte, die Synagoge im romanischen und nicht etwa im damals auch üblichen maurischen Stil zu erbauen. Die Baden-Badener Presse begrüßte diese Entscheidung überschwänglich und lobte den "kernig deutschen Stil".
Für die glühende Patriotin Anna Michaelis war es auch eine große Ehre, dass sie in den Vorstand der Baden-Badener Sektion des Flottenverbands deutscher Frauen gewählt wurde.

Auf der Deportationsliste nach Theresienstadt

Anna Michaelis, die den Bau der Synagoge mitgefeiert hatte, musste 40 Jahre später miterleben, wie sie niedergebrannt und abgebrochen wurde. Am 22. August 1942 stand sie auf der Deportationsliste nach Theresienstadt. Die früher so verehrte Heimatdichterin starb ein paar Tage nach ihrer Ankunft im KZ am 31. August 1942 im Alter von 82 Jahren.

Quellen/Literatur:

StABAD A23/45; StABAD A5/Meldekarte; Gedenkbuch Bundesarchiv; HStAS 99/001
Schindler, Angelika: Der verbrannte Traum. Jüdische Bürger und Gäste in Baden-Baden, Baden-Baden ²2013, S. 30 f. , 36, 72 ff.
Plätzer, Gisela: Anna Michaelis, in: Gleichstellungsstelle der Stadt Baden-Baden (Hrsg.): Zwischen Suppenküche und Allee. Frauengeschichten aus Baden-Baden, Baden-Baden ³2012.

Hier wohnte
ANNA MICHAELIS
JG. 1860
DEPORTIERT 1942 THERESIENSTADT
ERMORDET 31.8.1942




Stolperstein Ludwig-Wilhelm-Straße 6, verlegt am 27.01.2009