geb. 09.11.1885 in Heidelsheim (Bruchsal), gest. 25.10.1954 in Baden-Baden

Eltern:

Odenheimer, Emma, geb. Essinger
Odenheimer, Josef

Beruf:

Kaufmann

Adressen:

Lange Straße 16 (von St. Blasien kommend, 1936-1939)
Prinz-Weimar-Straße 10 (1939-1941)
Schillerstraße 5 (1941-1945)
Karlstraße 13 (1945-1954)

Bild(er):

Ferdinand Odenheimer wurde am 11. November 1885 als Sohn von Josef und Emma Odenheimer, geb. Essinger in Heidelsheim geboren. Er hatte fünf Brüder. Neben Ferdinand überlebte als einziges weiteres Familienmitglied nur sein Neffe, Herbert Josef Odenheimer, der durch die O.S.E. aus Gurs gerettet wurde, die Shoa.

Nach der Hochzeit mit Lina Seiter am 28. Mai 1919 in Durlach zog das Paar nach St. Blasien in die Friedrichstraße und führte dort zunächst den sogenannten "Schwarzwaldbazar", auch "Kur-Bazar" genannt, später ein Lebensmittel- und Feinkostgeschäft in der Hauptstraße und ab etwa 1930 zusätzlich ein Zigarrengeschäft. Das Ehepaar beschäftigte eine ständige Hausangestellte sowie einen Mitarbeiter für ihr Geschäft.

1932 wurde Ferdinand Odenheimer von einem NSDAP-Mitglied in St. Blasien körperlich angegriffen. Die Parteizeitung "Der Führer" veröffentlichte dazu einen Artikel, der Odenheimer antisemitisch verhöhnte. Mit der sog. Machtergreifung verschlechterte sich die Situation des Ehepaars deutlich. 1935 mussten die Geschäfte aufgegeben werden, Ferdinand und Lina Odenheimer verließen St. Blasien und zogen in das als weltoffen geltende Baden-Baden.

Hier übernahm Ferdinand Odenheimer 1936 ein Zigarrengeschäft in der Lange Straße. Das Ehepaar litt bis zum Verkauf des Geschäftes 1938 zunehmend unter Anfeindungen und Boykotten. Das Schaufenster wurde laufend mit Plakaten überklebt, auf denen der Aufruf "Niemand kaufe bei einem Juden" zu lesen war. Weiter berichtet Ferdinand Odenheimer in einem Restitutionsprozess: "In einer Nacht wurde sogar das Schaufenster eingeschlagen, sodass solches ersetzt werden musste. Täter waren S. S. Leute". Außerdem wurden Posten aufgestellt, die Kunden daran hinderten, sein Geschäft zu betreten. Als Frau in einer sog. "Mischehe" wurde Lina Odenheimer von Menschen aus Baden-Baden als "Judensau", "Judenfrau" und "Dreckjüdin" beschimpft. Im Zuge der Novemberpogrome wurde Ferdinand Odenheimer an seinem 53. Geburtstag, am 11. November 1938, in das Konzentrationslager Dachau deportiert, wo er bis zum 12. Dezember 1938 inhaftiert war.

Angesichts dieser Erfahrungen plante das Ehepaar Odenheimer für Herbst 1939 die Auswanderungüber England nach Palästina. Im Juni kündigte man die Wohnung in der Lange Straße. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde die Auswanderung kurzfristig aufgrund eines fehlenden "deutschen Sichtvermerks" nicht genehmigt und das Ehepaar stand ohne Wohnung da. Bis 1945 zogen Ferdinand und Lina mehrmals um, da sie in den jeweiligen Wohnungen nur übergangsweise bleiben konnten. Ein Antrag auf Unterbringung bei "Ariern" wurde abgelehnt. In den Jahren 1942 und 1943 beantragte Ferdinand Odenheimer wiederholt Fahrten nach Karlsruhe, um einen Facharzt zu konsultieren, wozu er außerdem die Erlaubnis der Straßen- und Reichseisenbahn einholen musste. Noch am 19. Juli 1944 wurde ihm der Besuch des Grabes seiner Eltern genehmigt.

Ferdinand Odenheimer überlebte die Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus. Er war damit, einer Schätzung des Badener Tagblatts nach, einer von insgesamt vier Juden, die den Nationalsozialismus in Baden-Baden überlebten. Nach Kriegsende wurde er vorübergehend Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Baden-Baden und organisierte die ersten jüdischen Feierlichkeiten nach dem Krieg. Außerdem fand er eine Anstellung im Amt für politisch Verfolgte, die er aber nach zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. Am 25. Oktober 1954 starb Ferdinand Odenheimer in Baden-Baden.

Marla Hilpert und Fiona Robold, Schülerinnen des Kollegs St. Blasien. Betreuung durch die Lehrkräfte Alena Bauer und Johannes Heitmann.

Quellen/Literatur:

StABAD A23/2; StABAD A23/13; StABAD A 23/44; StABAD A23/45; StABAD A5/Meldekarte; StABAD A26/1-124; StABAD A27/2-435; StABAD A27/1-3240; StABAD, Sterberegister; StAF F196/1 Nr. 7332; StAF F196/1 Nr.10; StAF F196/1 Nr.10965; Zugangsbuch Dachau, ITS Archive, Arolsen Archives, 130429488; Veränderungsmeldungen Dachau, ITS Archive, Arolsen Archives, 9909567;
St. Blasier Kurblatt (19. Juni 1920); Badische Presse (29. November 1919), (23. März 1931); Der Führer. Das Hauptorgan der NSDAP Gau Baden (30. Sept. 1932); Badener Tagblatt (25. Sept. 1946);
Hahn, Joachim: Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg. Stuttgart 1988, S. 556.