geb. 7. Dezember 1889 in Muggensturm

Eltern:

Roos, Julie, geb. Dreifuß
Roos, Leopold

Kinder:

Roos, Hans
Roos, Gretel

Adressen:

Ooser Bahnhofstraße 13 (von Rastatt kommend, 1936-1939)

Weiteres Schicksal:

Am 28. Februar 1939 Emigration nach England

Bild(er):

Jakob Friedrich Roos, Sohn von Leopold Roos, wurde am 7. Dezember 1889 in Muggensturm geboren und wohnte mit seiner zehn Jahre jüngeren Frau Helma geb. Baer genau wie seine Eltern seit 1936 in Oos, und zwar in der Bahnhofstraße 13 im Haus seines Schwiegervaters, des Arzts Salomon Baer.

Jakob Roos hatte nach dem Besuch des Gymnasiums in Rastatt und einer kaufmännischen Lehre sowie nach seinem Einsatz im Ersten Weltkrieg 1921 die Nachfolge seines Vaters als Betriebsleiter der Tüten-, Papierwaren- und Kartonagefabrik Dreyfuss & Roos in Muggensturm übernommen. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten musste die Fabrik im Zuge der "Arisierung" verkauft werden, und Roos verlor seine Arbeit.

Als sich die Repressalien gegen die jüdischen Einwohner immer mehr verschärften und insbesondere nach den Ereignissen des 10. November 1938 fanden Jakob und Helma eine Möglichkeit, ihre Kinder Hans und Gretel, damals 17 und 14 Jahre alt, mit einem der sogenannten "Kindertransporte" nach England in Sicherheit zu bringen. Sie reisten am 1. Februar 1939 über London nach Liverpool aus. Als Kindertransport (auch Refugee Children Movement) wird die Ausreise von über 10.000 Kindern, die als "jüdisch" im Sinne der Nürnberger Gesetze galten, aus dem Deutschen Reich und aus von diesem bedrohten Ländern zwischen Ende November 1938 und dem 1. September 1939 nach Großbritannien bezeichnet. Viele der Kinder sahen ihre Eltern nie wieder. Oftmals waren sie die einzigen aus ihren Familien, die den Holocaust überlebten. Man wird sich kaum ausmalen können, was eine solche Trennung für die Familien bedeutete. Hans und Gretel Roos hatten Glück: Ihrem Vater gelang bereits kurz nach seinen Kindern am 28. Februar 1939 die Ausreise nach Liverpool, die Mutter folgte Mitte April.

Seinem Antrag für einen Reisepass legte Jakob Friedrich Roos seinen Lebenslauf bei:
"Ich bin am 7. März 1889 in Muggensturm als Sohn des Kartonagefabrikanten Leopold Roos und seiner Ehefrau Julie, geb. Dreyfuss, geboren. Hier besuchte ich vier Jahre die Volksschule und danach sechs Klassen des Gymnasiums in Rastatt.
Im Jahre 1905 kam ich in die kaufmännische und praktische Lehre in die Getreidegroßhandlung Bakofen & Co. In Rastatt, danach war ich bis zum Jahre 1913 in diversen Fabriken des In- und Auslands als Reisender, Sekretär und Büroangestellter tätig.
Unterbrochen war diese kaufmännische Tätigkeit durch ein Einjährigenjahr, welches ich beim Regimente 111 in Rastatt bei der 6. Kompagnie abdiente. Ich ging als Unteroffizier ab.
Im Jahre 1914 trat ich zunächst als Angestellter in das väterliche Geschäft, die Kartonagefabrik Dreyfuss & Roos in Muggensturm ein. Im Juni 1914 machte ich eine Übung bei der 10. Kompagnie Füsilierregiment Nr. 40, welche sich bis zum Kriegsbeginn erstreckte, sodass ich mit dieser Kompagnie ins Feld rückte. Ich war bei ihr zumeist als Zugführer bis im März 1917. Nach mehrmonatigem schweren Typhus war ich nicht mehr infanteriedienstfähig und kam danach kurze Zeit auf eine Abhörstation als Abhördolmetscher und danach bis zum Kriegsende als Auswerter zu verschiedenen Stellen des Akonach I und III.
Ich erhielt 1914 das EK II, dann noch die badische Verdienstmedaille und nach Kriegsende das Frontkämpferehrenkreuz. Nach dem Krieg kehrte ich in die väterliche Fabrik zurück, wurde 1921 Teilheber und war seither als Betriebsleiter dort. Die Fabrik ist nunmehr verkauft.
Im Jahre 1919 verheiratete ich mich mit Helma Baer aus Baden-Oos (geboren in Oberdorf bei Bopfingen als Tochter des praktischen Arztes Dr, S. Baer). Wir haben zwei Kinder, Hans, geboren 4. Juli 1921 und Gretel, geboren 1. Dezember 1924.
Wir sind Volljuden und in der jüdischen Religion erzogen. Im Zuge der Verhältnisse beabsichtige ich nun auszuwandern und mir eine neue Existenz zu gründen. Ich habe als Auswanderungsland England gewählt, welches Land mir die Einreiseerlaubnis erteilt hat."

Mit der Emigration verlieren sich die Spuren der Familie Roos in den deutschen Archiven. Es wäre wohl eine interessante Aufgabe, ihre Spuren in England weiterzuverfolgen.

Salomon Baer, der verwitwete Großvater, zog nach der Emigration seiner Tochter und deren Familie nach England in die Baden-Badener Innenstadt in die Lange Straße. Von dort wurde er im Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo er am 16. Nov. 1940 im Alter von 70 Jahren starb.

Quellen/Literatur:

StABAD A23/42; StABAD A23/29; StABAD A5/Meldekarte; StAF F 196/1 Nr. 5486

Hier wohnte
JAKOB FRIEDRICH ROOS
JG. 1889
FLUCHT 1939 ENGLAND



Stolperstein Ooser Bahnhofstraße 13, verlegt am 19.02.2018