geb. 5. April 1873 in Krementschug/Ukraine, gest. Sept. 1948 New York

Kinder:

Rosbasch, Gidalia (Gustav) (1930 nach Borken)
Rosbasch, Frieda
Grünbaum, Ester Mathilda, geb. Rosbasch (1932 nach Pforzheim, 1938 USA)
Rosbasch, Alfred
Mandel, Lotte, geb. Rosbasch

Adressen:

Blumenstraße 3 (von Stuttgart kommend, 1907-1910)
Stephanienstraße 28 (1910-1917)
Büttenstraße 7 (1917-1922)
Büttenstraße 5 (1922-1939)
Weinbergstraße 7 (1939)
Stephanienstraße 5 (1939)

Weiteres Schicksal:

Am 12. September 1939 Emigration in die USA

Bild(er):

Evel Rosbasch wurde am 5. April 1873 in der Industriestadt Krementschuk, Ukraine, damals noch russisches Zarenreich, geboren. Im Stadtgebiet lebten damals fast 50 Prozent jüdische Bürger.

Zunächst alleine, wanderte er 1906 nach Stuttgart aus. Seine Ehefrau Nana, geboren am 4. Mai 1878 ebenfalls in Krementschuk, und die Kinder Gustav (12. Aug. 1901) und Frieda (07. Februar 1903) folgten kurze Zeit später.
Die wirtschaftliche Lage in der Ukraine war problematisch. In Stuttgart fand Rosbasch Arbeit in einer Zigarettenfabrik, vermutlich bei der am 1. Januar 1906 gegründeten Waldorf-Astoria Company mbH mit Hauptsitz in Hamburg und Zweigstelle in Stuttgart. Die Tochter Ester Mathilde (16. Oktober 1906) kam in Stuttgart zur Welt.

Zwei weitere Kinder Alfred (30. Januar 1912) und Lotte (14. Juli 1915) wurden in Baden-Baden geboren, wohin die Familie 1907 von Stuttgart umgezogen war.

In Baden-Baden betrieben die Eltern zunächst in der Büttenstraße 7, ab 1922 in der Büttenstraße 5, ein Lebensmittel- und Kurzwarengeschäft. Die Familie wohnte im Stockwerk darüber. Die Einbürgerung als badische Staatsangehörige mit den Kindern Mathilde, Alfred und Lotte erreichten sie 1926. Doch nur acht Jahre später, im Oktober 1934, wurde der Familie die Staatsangehörigkeit aufgrund der antijüdischen Politik der Nationalsozialisten bereits wieder entzogen.

Mit der stark zunehmenden Diskriminierung und Entrechtung jüdischer Bürger und Bürgerinnen in Baden-Baden, vor allem ab dem Sommer 1937 und mit dem November-Pogrom 1938, war auch für die Familie Rosbasch ein Weiterleben in der Kurstadt unmöglich geworden. Geschäft und Wohnung in der Büttenstraße mussten im Mai 1939 aufgegeben werden. Die damalige Polizeidirektion in Baden-Baden genehmigte den Kaufvertrag mit Adolf Furrer, Baden-Baden "auf Grund der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 12.11.1938 (RGBl.I.S. 1580)". Der Kauferlös von RM 10.500 entsprach 70 Prozent des Einheitswertes.

Ein Foto zeigt Vater Evel, wie er am 10. November 1938 mit anderen jüdischen Mitbürgern von SS-Männern zur Synagoge getrieben wurde, ein anderes, wie er, nach einem demütigenden Zug durch die Stadt dort angekommen, dem zwangspensionierten Lehrer des Gymnasiums Hohenbaden, Dr. Arthur Flehinger, zuhören musste, wie dieser aus Hitlers "Mein Kampf" vorlas. Nach dieser Demütigung der jüdischen Männer wurde die Synagoge von SS-Leuten in Brand gesetzt. Die Deportation ins Konzentrationslager Dachau blieb Rosbasch erspart, da er bereits 65 Jahre alt war.

Nach diesen Ereignissen konzentrierte sich die Familie auf die Flucht aus ihrer Heimat. Die Eheleute beantragten Reisepässe. Zu diesem Zweck reichte Evel Rosbasch einen eigenhändigen Lebenslauf ein:

"Lebenslauf des Evel Israel Rosbasch in Baden-Baden, Büttenstraße 5, geboren in Krementschuk in Russland am 5. April 1873 als Sohn des Aron Rosbach und dessen Ehefrau Fega, geb. Gimann.
Vom Jahre 1879 bis 1883 besuchte ich die jüdische Schule in Kremenschuk. Alsdann erlernte ich den Beruf Zigarettenmacher, auf welchem Beruf ich vom Jahre 1883 bis 1910 arbeitete. Im Oktober 1900 habe ich mich mit meiner jetzigen Ehefrau Hanna, geb. Krizewski verheiratet. Im Jahre 1910 habe ich mich selbständig gemacht mit Verkauf von Schuhwaren und Herrenkonfektion, welches Geschäft ich bis 10. November 1938 betrieben habe."

Nana Rosbasch entkam im Juli 1939 in die USA. Ihrem Ehemann Evel gelang dies erst im September 1939. Bis dahin fand er Zuflucht bei Freunden, zuletzt bei Simon Ackermann, dem damaligen Synagogenverwalter, der in einem Haus direkt neben der abgebrannten Synagoge lebte, das die antijüdische Stadtverwaltung nicht mehr mit Strom und Wasser versorgte. In den USA starb Evel Rosbasch im September 1948.

Der älteste Sohn Gustav war bereits 1919 von Baden-Baden nach Freiburg umgezogen. Er heiratete 1931 Gertrud Rothschild (später Rothchild). Mit ihrer Tochter Margot, geboren 1933, konnten Dr. med. Gustav und Gertrud Rosbasch 1935 in die USA emigrieren, wo die zweite Tochter Susan 1938 geboren wurde.

Tochter Ester Mathilde hatte am 17. Dezember 1931 in Pforzheim Dietrich Grünbaum, später Greenbaum, geheiratet, geboren am 20. September 1898 in Lodz, Polen. Sie lebte ab 1922 wiederholt in Bad Dürrheim, wo sie und ihre Schwester Lotte in einer jüdischen Kinderklinik, später dem jüdischen Kinderkurheim Friedrich-Luisen-Hospitz, als Kinderpflegerin bzw. Praktikantin arbeiteten. Ihr und ihrer Familie (Kinder Bernhard und Necha Miriam) gelang im Oktober 1938 von Pforzheim aus die Flucht in die USA. Für die Familie Grünbaum wurden im März 2020 Stolpersteine in Pforzheim verlegt. Weitergehende Informationen zu ihr finden sich unter dem externen Lik
https://www.pforzheim.de/stadt/stadtgeschichte/gedenken-friedenskultur/juedische-buerger/glossar-ansicht/glossary/detail/gruenbaum-mathilde-geb-rosbach.html

Zu den übrigen Geschwistern finden sich gesonderte Einträge in diesem Gedenkbuch.

1949 klagten die Erben Evel Rosbaschs auf Rückerstattung des Grundstücks und Wohngebäudes in der Büttenstraße 5. 1951 wurde dem stattgegeben. Das Verfahren endete in einem 2. Vergleich und einer Zahlung von 4.000 DM an die Erbengemeinschaft Evel Rosbasch in den USA.
Im Urteil der Restitutionskammer des Landgerichts Baden-Baden vom 26. September 1951 in Absatz 4 ist zu lesen:
"Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Beklagte als loyaler Erwerber ... anzusehen ist, weil er das Grundstück ... aufgrund einer jahrelang bestehenden Freundschaft ... mit Evel Rosbasch ... übernommen hat, um diesem die Ausreise zu ermöglichen und weil er ihn auch noch längere Zeit unentgeltlich bis zur Ausreise hat wohnen lassen. Deswegen sollten keine Gewinnansprüche des Wiedergutmachungs-Fonds ...bestehen."

Fotos: Evel Rosbasch beim Zug der jüdischen Einwohner durch die Stadt zur Synagoge am 10. November 1938
Evel und Nana Rosbasch im Kreis ihrer Kinder (privat)

Quellen/Literatur:

StABAD A5/Meldekarte; StABAD A23/42; StAF F 196/1 Nr. 9798; StAF F168/2 Nr. 78

Hier wohnte
EVEL ROSBASCH
JG. 1873
FLUCHT 1939
USA



Stolperstein Büttenstraße 5, verlegt am 18. Oktober 2021