geb. 23.05.1905 in Baden-Baden, gest. 02.09.1999 in Melbourne (Australien)

Ehepartner:

Rosenthal, Theodor

Kinder:

Rosenthal, Evelyne

Weitere Angehörige:

Geschwister:
Lieblich, Trude
Lieblich, Emma

Adressen:

Stephanienstraße 2 (1905-1940)

Weiteres Schicksal:

22. Oktober 1940 Deportation nach Gurs

Bild(er):

Luise Rosenthal, die in ihrem Umfeld immer nur Liesel genannt wurde, war die Tochter der Hotelbesitzer Philipp und Mathilde Lieblich. Bis zur 10. Klasse ging sie wie ihre beiden Schwestern zur Höheren Töchterschule. Danach stieg sie im elterlichen Betrieb ein: unterstützte in der Küche und übernahm Verwaltungsaufgaben. Mit 32 Jahren heiratete sie im November 1937 Theodor Rosenthal, der aus Bad Homburg nach Baden-Baden übersiedelte. Ihre beiden Schwestern verließen die Heimatstadt: Emmi heiratete nach Rastatt und emigrierte 1933 nach Strasbourg, Trude gründete mit ihrem Mann eine Familie in Frankfurt. Alle drei blieben aber in engem Kontakt.

1940 erwartete Liesel Rosenthal ihr erstes Kind. Den schrecklichen Morgen des 22. Oktober vergaß sie nie: "Mein Mann war um 7.00 Uhr in die Küche gegangen, um das Frühstück für die Gäste vorzubereiten. Wenige Minuten später stand er wieder im Schlafzimmer und sagte: ‚Steh auf, ein Nazi wartet unten, wir müssen in einer Stunde aus dem Haus.' Wohin wusste er nicht. Ich war im dritten Monat schwanger, griff an meinen Leib und sagte: "Das arme Baby, wie wird das nur werden." In aller Eile musste gepackt werden, zum Glück dachte der werdende Vater auch an die Babywäsche.

Für Liesel Rosenthal waren die folgenden Monate im Lager Gurs besonders schwierig, allein schon wegen der katastrophalen hygienischen Bedingungen und der schlechten Verpflegung. Später gab es für die werdenden Mütter - 39 Babys kamen in der eigens eingerichteten Mütterbaracke in Gurs zur Welt - Extrarationen Milch, gestiftet von Schweizer Hilfsorganisationen. Am Sederabend des Pessachfestes 1941, am 12. April, brachte Liesel Rosenthal ihre Tochter Evelyn Dina zur Welt. Es war eine Geburt unter erschwerten Bedingungen: Liesel Rosenthal erlitt eine Blutvergiftung, die sie fast das Leben kostete. Ende April wurde sie in letzter Minute in das Krankenhaus des nahegelegenen Ortes Pau gebracht und konnte dort gerettet werden.

Mit viel Glück überlebte die junge Familie Rosenthal in Frankreich. Liesel Rosenthal und ihr Töchterchen kamen in das Lager Noé im unbesetzten Frankreich, im Juni 1943 folgten sie Theodor Rosenthal zum Eisenbahnknotenpunkt Grigny, wo er von der Ausländer-Arbeitseinheit GTE eingesetzt worden war.

Nach dem Krieg konnten die drei Rosenthalers nach Australien auswandern. Tochter Evelyn sollte immer wieder mit schweren gesundheitlichen Problemen kämpfen. Die Mangelernährung und die traumatischen Erlebnisse der ersten Jahre hatten ihrem Leben für immer einen Stempel aufgedrückt.

Quellen/Literatur:

StABAD A23/45; StABAD A5/Meldekarte; StAF F 196/1 Nr. 5713
"Theodor Rosenthal: Notizen aus Gurs", https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/article-swr-12290.html (Zugriff: 20.05.2020)
Schindler, Angelika: Der verbrannte Traum. Jüdische Bürger und Gäste in Baden-Baden, Baden-Baden ²2013, S. 233 ff., bes. 242 ff.

Hier wohnte
LIESEL ROSENTHAL GEB. LIEBLICH
JG. 1905
DEPORTIERT 1940 GURS
ÜBRLEBT


Stolperstein Stephanienstraße 2, verlegt am 12.10.2010