geb. 31.12.1896 in Baden-Baden (Oos), gest. 14.08.1968 in Emmendingen

Ehepartner:

Bausen, Lina, geb. Finkbeiner (I)
Bausen, Anna, geb. Morath (II)

Eltern:

Bausen, Anna, geb. Kurbjuhn
Bausen, Hermann Josef

Beruf:

Kaufmann

Adressen:

Sinzheimer Straße 36 (bis 1930)
Fürstenbergallee 50 (1931-1934)
Eigenheimstraße 2 (1934)
Ooser Friedrichstraße 8 (1934-1936)
Sinzheimer Straße 36 (1936-1940)
Rheinstraße 4 (seit 1947)

Weiteres Schicksal:

Im März 1940 Verhaftung, bis 1945 Inhaftierung in verschiedenen Konzentrationslagern

Hermann Bausen wohnte seit 1936 zusammen mit seiner verwitweten Mutter und seiner Schwester in der Sinzheimer Straße in Baden-Oos. Von hier wurde er im März 1940 ins Amtsgefängnis Bühl verbracht, der ersten Station eines über fünf Jahre währenden Leidenswegs durch verschiedene nationalsozialistische Konzentrationslager. Schon in den 1920er Jahren war Bausen ein entschiedener Gegner des Nationalsozialismus. Kam in einer Gastwirtschaft das Gespräch auf die Politik, so endete dies unweigerlich in tätlichen Auseinandersetzungen. "Nicht selten", so heißt es in seiner Personalakte, musste er "das Lokal fluchtartig verlassen." Bausen bekämpfte die Nazis aus einem tiefen christlichen Glauben heraus und einem fast schon an Starrsinn grenzenden Unrechtsbewusstsein. Auch nach der Machtergreifung hielt er mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. Das führte im März 1940 zu seiner Verhaftung und Deportation nach Dachau. Erst in den letzten Kriegstagen konnte er am 30. April 1945 aus dem in Auflösung begriffenen Lager Neuengamme fliehen.
Es grenzt an ein Wunder, dass er seine über fünfjährige Haft unter den unmenschlichen Bedingungen in den KZs Dachau, Sachsenhausen und Neuengamme überlebte. Schwerste Arbeit unter widrigsten Umständen, schmale Kost, wiederholte schwere Misshandlungen und völlige Entrechtung prägten seinen Lageralltag.

Von den erlittenen seelischen und körperlichen Misshandlungen hat sich Bausen zeitlebens nicht mehr erholt. Neben bleibenden körperlichen Beschwerden (Leberinsuffizienz) stellte ein 1959 erstelltes fachpsychiatrisches Gutachten erhebliche Wesensveränderungen (Unkonzentriertheit, mangelnde Impulskontrolle, Ansätze zu Psychosen und Verfolgungswahn) fest und führte diese auch auf die Mangelernährung im KZ, aber insbesondere auf massive Gehirnverletzungen zurück, die er wiederholt durch Schläge auf den Kopf - bis zur Bewusstlosigkeit - erlitten hatte. Mitmenschen galt Bausen schon früher als eigenbrötlerisch und kauzig, Eigenschaften, die sich durch die traumatischen Erfahrungen während der KZ-Haft noch verstärkten und im Alter in extremer Ausprägung zu Tage traten. Tatsächlich hatte Bausen schon immer Mühe, Vertrauen zu anderen zu finden. Gleichzeitig war ihm ihr Urteil überaus wichtig, und er empfand jede Kritik als Kränkung, was zu weiterem Misstrauen und Aggressionen führt - ein Teufelskreis, der sich immer schneller drehte. Seine Menschenscheu ist sicherlich in seiner Biographie begründet.

Hermann Bausen stand nicht auf der sonnigen Seite des Lebens. Er wurde am 31. Dezember 1896 als zweites von vier Kindern des Herdschlossers Hermann Bausen und der Anna geb. Kurbjohn in Oos geboren. Seine Kindheit war vom frühen Tod des Vaters überschattet. Schon mit zehn Jahren musste er nach der Schule arbeiten, um zum Familienunterhalt beizutragen, während seine Klassenkameraden spielten. Hunger und Mangel am Notwendigsten waren ständige Begleiter seiner Jugend. Bausen litt außerdem unter einem entstellenden Feuermal im Gesicht, das ihm viel Spott einbrachte und ihn hemmte, Kontakte, insbesondere auch zu Frauen, zu knüpfen. Dreimal hat Bausen sich verliebt, jedes Mal wurde seine Liebe enttäuscht. Seine 1930 geschlossene erste Ehe wurde nach nur wenigen Monaten wieder geschieden, weil seine Frau von einem anderen Mann schwanger wurde. Als die Schwestern ebenfalls zum Familieneinkommen beitrugen, konnte Bausen eine kaufmännische Lehre bei der Baden-Badener Sanitärfirma Thiergärtner absolvieren. Er war danach in verschiedenen Firmen in Baden-Baden und Oos, aber auch andernorts tätig, jedoch nie länger als zwei Jahre. Obwohl ihm seine Arbeitgeber Sachkenntnis und Gewissenhaftigkeit bescheinigten, blieb ihm beruflicher Erfolg verwehrt. Während der Wirtschaftsflaute Ende der 1920er Jahre war er über fünf Jahre arbeitslos. Über Jahre hinweg musste er sich selbst in den einfachsten Dingen bescheiden. In dieser permanenten finanziellen Notlage ließ sich Bausen mehrfach dazu hinreißen, kleinere Diebstähle zu begehen (einmal drei Wasserhähne, die er verkaufte, um in einer Wirtschaft zwei Eier essen zu können), was ihm insgesamt rund 20 Monate Gefängnis und, zusätzlich zu seinem ohnehin schwierigen Charakter, einen überaus schlechten Ruf einbrachte.

Dieser schlechte Leumund führte nach dem Krieg dazu, dass man ihm die Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus zunächst versagte, weil man bezweifelte, dass die Inhaftierung aus politischen Gründen erfolgt war. Erst im Dezember 1952 erhielt er durch Urteil des Wiedergutmachungsausschusses beim Amtsgericht Baden-Baden diese Anerkennung und eine finanzielle Entschädigung von rund 9000 Mark. Aus der KZ-Haft zurückgekehrt, konnte Bausen im Spätjahr 1945 auf Fürsprache von Rolf Gustav Haebler, der als Mitglied des Bürgerrats und der Antifa für NS-Verfolgungsopfer eintrat, eine Stelle in der Verwaltung der Stadtwerke antreten. Bausen arbeitete zuverlässig und gewissenhaft, doch machte er sich erneut des Diebstahls verdächtig, so dass er versetzt wurde. Danach wechselte er noch mehrfach innerhalb der Stadtverwaltung die Stelle, immerhin war er jedoch zum ersten Mal in seinem Leben dauerhaft bei einem Arbeitgeber beschäftigt. Auch privat fand er sein Glück in Anna Morath, die er 1947 heiratete und mit der er in der Rheinstraße 4 einen eigenen Hausstand gründete.

14 Jahre lang war Bausen in städtischen Diensten, er litt aber immer mehr unter seiner Umgebung. Insbesondere dass er sehen musste, dass Menschen, die in seinen Augen Nazis waren und denen er die Schuld an seiner KZ-Haft gab, unbehelligt und erfolgreich lebten, während er noch immer an den Folgen der Haft zu leiden hatte, verbitterte ihn über die Maßen. 1959 schrieb er aus einem Affekt mehrere anonyme Drohbriefe, als deren Urheber er sehr schnell entlarvt wurde. Dies führte zu seiner sofortigen Kündigung. Diese wurde zwar zurückgenommen, nachdem ein psychiatrisches Gutachten ihm Unzurechnungsfähigkeit bescheinigt hatte, doch willigte Bausen in einem Vergleich in eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses wegen Dienstunfähigkeit zum 31. Oktober 1959 ein.

Danach verliert sich seine Spur in den Akten des Stadtarchivs. Dass Bausen am 14. August 1968 im Psychiatrischen Landeskrankenhaus Emmendingen starb, lässt jedoch darauf schließen, dass sich sein psychischer Zustand in den letzten zehn Jahren seines Lebens weiter verschlechterte und dass die Spätfolgen seiner im KZ erlittenen seelischen und körperlichen Misshandlungen letztendlich zu seinem Tod führten.

Quellen/Literatur:

StABAD A5/Meldekarte; StAF F 196/1 Nr. 1253; Schreibstubenkarte, 1.1.6.7/10612961, Dachau, 1.1.6.2/ 9956912/ITS Digital Archive, Arolsen Archives; KZ Sachsenhausen, Zugangsliste, 1.1.38.1/4095175/ITS Digital Archive, Arolsen Archives; KZ Neuengamme, Häftlingskarte, 1.1.39.6/3612165/ITS Digital Archive, Arolsen Archives; KZ Neuengamme, Laborjournal des Häftlingskrankenbaus, 1.1.30.1/3425120/ITS Digital Archive, Arolsen Archives

Hier wohnte
HERMANN BAUSEN
JG. 1896
IM WIDERSTAND
"SCHUTZHAFT" 1940 GEFÄNGNIS BÜHL
DACHAU / SACHSENHAUSEN 1940 NEUENGAMME
BEFREIT

Stolperstein Sinzheimer Straße 36, verlegt am 19.02.2018