geb. 20.08.1875 in Warszawa (Warschau, Polen), gest. 15.06.1942 in Jerusalem (Palästina)

Ehepartner:

Götzel, Martha, geb. Blumensohn

Kinder:

Kleinmann, Jacheta (Johanna), geb. Götzel
Götzel, Chaya Ryrdka
Götzel, Käte
Götzel, Leopold
Götzel, Israel
Götzel, Emil
Götzel (später: Gilbert), Salomon (später: Peter)
Götzel (später: Gilbert), David
Götzel, Sarah
Götzel, Helene

Beruf:

Kaufmann

Adressen:

Büttenstraße 9 (von Karlsruhe kommend, 1906-1923)
Sophienstraße 22 (1923-1933)

Weiteres Schicksal:

1933 Emigation nach Palästina

"Gam su le-towa - Auch dies ist zum Guten"

1905 floh Josef Götzel vor den russischen Pogromen nach Deutschland, 1933 nach Palästina. Was auch immer ihm und seiner Familie zustieß: In aussichtslos erscheinenden Situationen gab er nicht auf, seine Antwort war "gam su le-towa".

Traumatisiert von einer Welle antisemitischer Ausschreitungen in Russland verließ Josef Götzel 1905 mit seiner Familie seine damals russische Heimatstadt Kutno, ein Eisenbahnknotenpunkt zwischen Lodz und Warschau. Er gelangte bis nach Baden-Baden und fristete dort zunächst sein Leben mit dem Verkauf von Milch, später mit einem Trödelladen. Die ganze Familie musste mithelfen, in Russland waren die ersten drei Kinder zur Welt gekommen, in Baden-Baden gebar seine Frau Johanna weitere zehn Kinder.

Erfolge in der neuen Heimat
Obwohl er weder deutsch schreiben noch lesen konnte, gelang es ihm 1919, den "Kaiserhof" in der Sophienstraße 22 zu ersteigern. Der jüdische Bankier David Kahn hatte ihm dafür einen großzügigen Kredit gewährt. Josef Götzel baute das ehemalige Hotel zu einem Mietshaus um und eröffnete ein Möbel- und Teppichgeschäft, das bald auch reiche Kurgäste und Bürger zur Kundschaft zählte.
Ohne seine Kinder wäre dieser Aufstieg nicht möglich gewesen. Die älteste Tochter Johanna führte das Geschäft für ihn und übernahm die Hausverwaltung. Auch alle anderen Geschwister wurden eingespannt.
Trotz der Erfolge blieben Josef Götzel und seine Familie nicht nur in der neuen Heimat, sondern auch in der assimilierten jüdischen Gemeinde von Baden-Baden ein Fremdkörper - für seine Kinder keine einfache Situation. Als Ostjuden wurden sie gleichsam als Bürger zweiter Klasse betrachtet. Sohn David Gilbert schildert in seinen Lebenserinnerungen von 1992: "Das war natürlich sehr schmerzhaft und so sind wir auch sehr einsam aufgewachsen."

Flucht aus Baden-Baden
Als strenggläubiger Jude bot Josef Götzel mit seinem langen Bart und den Schläfenlocken das typische Bild eines orthodoxen Juden. Schon früh wurde er deshalb zur Zielscheibe der Nationalsozialisten: Mehrfach wurde er auf offener Straße zusammengeschlagen, so auch am Boykotttag, dem 1. April 1933. Mit einer schweren Kopfwunde kam Götzel ins Krankenhaus. Als er nach mehrwöchigem Aufenthalt entlassen wurde, flüchtete er Hals über Kopf nach Strasbourg und von dort aus weiter nach Palästina.
Seine Frau und eine Tochter folgten im Jahr 1938, den meisten anderen Söhnen und Töchtern gelang die Auswanderung in die USA und Brasilien. David Gilbert überlebte das Ghetto in Warschau, aus dem er 1942 fliehen konnte, und die anschließende Zeit im Untergrund.

Quellen/Literatur:

StABAD A5/Meldekarte; StABAD A23/41; StAF F 196/1 Nr. 5864
Schindler, Angelika: Der verbrannte Traum. Jüdische Bürger und Gäste in Baden-Baden, Baden-Baden ²2013, S. 65 ff., 106, 207 ff.

Hier wohnte
JOSEF GÖTZEL
JG. 1875
FLUCHT 1933 PALÄSTINA
ÜBERLEBT



Stolperstein Sophienstraße 22, verlegt am 08.11.2013