geb. 4. April 1921 in Baden-Baden

Ehepartner:

Wolf, Erika

Weitere Angehörige:

Geschwister:
Wolf, Erich Alfred

Adressen:

Quettigstraße 5 (1921-1929)
Vincentistraße 6 (1929-1938, nach Berlin)
Lange Straße 16 (1939, nach London)

Weiteres Schicksal:

Am 16. April 1939 Emigration nach London

Bild(er):

"Nichts wie weg" - war bald nach 1933 die Devise von Werner Wolf und seinem vier Jahre jüngeren Bruder Erich. Die Söhne des Immobilienmaklers Oskar Wolf hatten es nicht leicht in der Schule. Klassenkameraden spielten ihnen oft übel mit. Zum Glück gab es auch Lehrer, die die beiden in Schutz nahmen. Der damals 12-jährige Werner Wolf hatte einen Mathematiklehrer an der Oberrealschule (dem heutigen Markgraf-Ludwig-Gymnasium), der ihm, seinem besten Schüler, sehr zugetan war und Mut machte.

Nach dem Schulabschluss ging der inzwischen 16-jährige Werner im Juni 1937 nach Berlin, um eine Ausbildung zum Werkzeugmacher an der ORT zu machen, einer Ausbildungsstätte für auswanderungswillige Juden mit dem Schwerpunkt Handwerk und Landwirtschaft.

Den Eltern war nicht wohl bei dem Gedanken, dass er nun allein in der "Metropole Berlin" einen neuen Anfang machen musste. Aber die Erlernung eines Handwerks war eine wichtige Voraussetzung für die Emigration. Sie begleiteten diesen Weg liebevoll - mit Päckchen, vielen Briefen und guten Ratschlägen wie "Merke Dir für all Dein Tun stets drei Geleitworte: Pflicht, Fleiß, Gewissenhaftigkeit." Werner Wolf hob all die Briefe, die seine Eltern schrieben gut auf, und es sollten mit der Zeit sehr viele werden, denn über Geschäftskontakte erreichte Oskar Wolf, dass sein Sohn Werner Deutschland verlassen konnte.

So fand Werner Wolf am 17. April 1939 Aufnahme in England und schon kurz nach seiner Ankunft in Manchester konnte er als Elektriker bei Mssrs Ward & Goldstone zu arbeiten anfangen.

Für einen 18-jährigen eine schwere Last, sehen zu müssen, dass die in Deutschland zurückgelassenen Eltern und der Bruder, nicht das gleiche Glück hatten wie er und sich verzweifelt um eine Auswanderungsmöglichkeit bemühten. Er konnte sie finanziell nicht unterstützen, versuchte in England Kontakte für sie zu knüpfen, aber vergeblich. Er machte sich deshalb Vorwürfe, quälte sich mit Rückkehrgedanken nach Deutschland. Sein Bruder konnte im August 1939 mit einem Kindertransport nach Manchester gelangen, seine Eltern wurden 1940 in das Internierungslager Gurs in Frankreich deportiert, der Vater 1943 nach Auschwitz verschleppt.

Bald nach seiner Ankunft in England 1939 kam Werner Wolf in Kontakt mit deutschen Widerstandskämpfern und Exilanten, und fand in der kommunistischen Jugend eine neue Heimat: Im Februar 1940 trat er der "Freien Deutschen Jugend in Großbritannien" als Mitglied bei und übte Leitungsfunktionen in der Ortsgruppe Manchester aus. 1943 wurde er in den Kommunistischen Jugendverband Deutschlands aufgenommen, 1945 in die KPD. Seiner Mutter erzählte er in seinen Briefen von seiner Heirat und der ersten Tochter, aber nichts von seinen kommunistischen Freunden. Allerdings ließ er sie wissen, dass er über eine Rückkehr nach Deutschland nachdachte, um dort am Aufbau eines neuen Staates teilzuhaben. In ihren Antwortschreiben zeigte die Mutter Verständnis dafür, dass er "nicht länger als Gast und Fremder geduldet sein" wollte, aber sie äußerte auch größte Vorbehalte "Wollt Ihr Nachbarn dieser Menschen werden, die vielleicht heute, müde und enttäuscht, wohl eine andere Sprache reden, nicht aber andere Menschen geworden sind?" Sie warnte vor falschem Idealismus und hatte vor allen Dingen eine Sorge: "In die russische Zone gehe keinesfalls. Einmal drin, geht der Vorhang zu".

Als Elsa Wolf endlich eine Einreiseerlaubnis für England erhielt und im Februar 1946 in Manchester eintraf, sollte sie ihren ältesten Sohn und seine Familie bald wieder verlieren: Werner siedelte 1948 in den sowjetisch besetzten Teil Berlins über. Später wurde er hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär des FDGB in Ostberlin.

Fotos: Werner Wolf (rechts) beim Besuch seiner ehemaligen Grundschule, der heutigen Vincentischule, 2000, Stadtarchiv Baden-Baden
Werner Wolf mit seiner Frau Erika, 2000; Stadtarchiv Baden-Baden

Quellen/Literatur:

StABAD A5/Meldekarte
Schindler, Angelika: Der verbrannte Traum. Jüdische Bürger und Gäste in Baden-Baden, Baden-Baden ²2013, S. 90 f, 218 ff., 236 ff.

Hier wohnte
WERNER HEINZ WOLF
JG. 1921
FLUCHT APRIL 1939 ENGLAND
ÜBRLEBT




Stolperstein Lange Straße 16, verlegt am 28.11.2011